„Die Fotoserie entstand 1989 am Weiher hinter der Wiehre in Freiburg im Breisgau. Es war der erste Monat, nachdem ich ein eigenes Studentenzimmer in Littenweiler bezogen hatte. Damals verfasste ich auch meine ersten Gedichte. Seither ist mir nie mehr eine solche Serie mit Wasserspiegelungen gelungen. Es benötigt eine klare Wasseroberfläche und völlige Windstille, so dass man die Richtung kleiner Wellen selbst erzeugen kann. Die Klarheit des Wassers ist auch vom Algen-Gehalt abhängig. Manche Bäume am Ufer müssen noch grün sein, andere auch schon Laub abwerfen. Damals kamen Spaziergänger, Jogger, Radfahrer und ein kleines Mädchen an den Weiher. Die Personen und die entstehenden Impressionen erblickte ich kopfstehend durch den Sucher der Kamera.“ (T. Seilnacht )

Poseidon

am morgen
die flügel öffnen
und das gellende licht hereinlassen
den atem des einhorns fühlen

am tage
ohren und augen sprechen lassen
und im wogenden gras untertauchen
nach verborgenen drachen suchen

am abend
das pochen des herzens spüren
und zärtliche gedanken auf bauchnabel kritzeln
ozeane überfliegen

in der nacht
eine fischhaut anlegen
und zu den delphinen hinabsteigen
auf dem wagen des poseidon reiten

aufwachen
in freudiger erwartung
eines neuen tages

(Thomas Seilnacht)


Dieses Gedicht gewann einen Preis beim Berner Lyrikwettbewerb Stauffacher